Es geht ja vieles verloren in der heutigen Zeit, aber eines trifft mich am schwersten, das verlorene Fleischerhandwerk. In meiner Kindheit gab es in unserem Ort noch drei Metzger, dort wurde auch geschlachtet. Da war der halbe Ort schon mal in Aufruhr wenn ein Stier durchgegangen ist und durch die engen Gassen rannte als ob der Teufel hinter im her wäre. Es waren aber nur die Metzgerburschen.
Bei jedem Bauern wurde geschlachtet, die dazugehörigen Schlachtfeste waren bei manchen Höfen legendär. Da wurden Schweineköpfe gestohlen und beim Dorfwirt gab es dann wundersamer Weise Krenfleisch von den Schweinebacken. Auch in meiner Garage sind noch die zwei Ösen eingemauert wo das Hausschwein von meinem Vater aufgearbeitet wurde. Schon als Kind lernte man damit umzugehen und mußte auch kräftig mitarbeiten. Dafür durfte man am Abend bei den ganzen Erwachsenen sitzen und die Geschichten der Metzger mithören. Ich fühlte mich dann immer um einen Kopf größer. Das Schlachten war ein Fest.
Das Schlachten war ein Fest für die ganze Familie. Es war immer die ganze Familie und die Freunde meines Vaters dabei um mitzuhelfen. Aber ich habe auch noch den penetranten Geruch vom Schweinebacheln in der Nase. Dabei wurden unter dem bereits toten Schwein im siedend heißen Wasser Ketten gezogen um die Borsten von der Haut zu bekommen. Auch den Geruch meiner Arbeit, das Blutrühren und das Darmputzen für die Blutwurst, habe ich bis heute nicht vergessen und ich bin ehrlich gesagt ganz froh wenn das andere machen. Aber eines hätte ich schon noch gerne, wenn ich mir heimlich aus der Speis von der Mutter einen noch warmen herausgebackenen Leberknödel holte und sicherheitshalber einen Zweiten in die Hosentasche steckte.
In die Dorf Metzgerei durften wir Kinder nicht hinein, gerade deswegen war es aber so interessant, wenn es dann doch einmal sein durfte. Man betrat andächtig den besonderen Ort, kühl und beschattet, die weißen Fließen alles immer blitzblank gewaschen. Die glänzenden Hacken, Ketten, Beile, rießige Messer, die Knochensäge. Das alles hatte etwas Ernsthaftes, Wichtiges, Beiläufigkeit war da nicht zu spüren.
Franz der Metzger war ein Bär von einem Mann mit knallrotem Gesicht. Grob konnte er sein mit seinen Metzgerbuben. Aber draußen im Laden machte er den Frauen Komplimente und konnte herrlich jedes Fleischstück erklären. Was sind die Besten Stücke, Siedefleisch ein Genuß wenn es nur richtig gemacht ist. Wenn er voll Stolz ein riesengroßes Stück Fleisch präsentierte und das große Messer theatralisch irrwitzig scharf schliff um mit einem einzigen Schnitt das Stück freizulegen. Jedes Tier kam von einem Bauern der Umgebung. Das Handeln mit den Bauern war dem Franz im Blut, listig da glühten seine Augen. Kein Kaufvertrag sein Handschlag war Ehrensache. Ach ja noch`was, dass Handeln war Männersache die Bäuerin durfte da nicht dabei sein, das bringt Unglück meinte der Franz. Aber ich bin sicher das bei den meisten das Geld schnellstens in der Kassette der Bäuerin verschwand, wenn auch nicht ganz alles.
In kleinen Chargen werden die Wildprodukte zu feinsten Gourmetstücken verarbeitet. Der Erfahrungsschatz der Metzger macht die unvergleichliche Qualität der Produkte. Es ist beinharte Handarbeit, die vom groben Zerlegen, Hacken bis zum Feinputzen geht. Ganz besonders gelernt müssen die einzelnen Schnitte sein. In jeder Region gab es früher verschiedene Schnittarten. Heute kennt man nur mehr die amerikanischen wie Thomahawk Steak etc. weil die modern sind. Es freut mich jedes mal wenn ich eine kleine Metzgerei besuche in der diese alte Handwerkskunst noch im Vollerwerb betrieben wird. Aus einer solchen kommen unsere Wild und Lammprodukte und sie gehören zu den Besten des Landes.
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